Snapchat

WebDays 2019: Digitale Agenda jetzt online

Bei der IJAB-Jugendkonferenz “WebDays 2019” diskutierten vom 29. November bis 01. Dezember 2019 in Berlin junge Menschen zum Thema “Künstliche Intelligenz” und verfassten die nachfolgende Agenda.

Workshop „Don´t be evil – Welche ethischen Prinzipien brauchen KI.“
Überwachung und Kontrolle

Bild: Paula Föhr / ©IJAB e.V.

Forderung: Schluss mit Massenüberwachung!

“Keine Überwachung der Gesellschaft durch ein System, sondern die Überwachung des Systems durch die Gesellschaft!” – Teilnehmer der WebDays

Staatliche Überwachung
Um diese Forderung nachhaltig umzusetzen, fordern wir die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung, da diese jede/-n Bürger/-in grundsätzlich unter Generalverdacht stellt und abhört. Nach dem Grundsatz “In dubio pro reo” (lat. „Im Zweifel für den Angeklagten“) darf die gesamte Bevölkerung nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Demnach ist eine grundsätzliche Massenüberwachung der Bevölkerung, um mögliche Gefahren für die innere Sicherheit zu identifizieren, verwerflich und muss sofort gestoppt werden. Unserer Meinung nach widerspricht die Massenüberwachung der Bürgerinnen und Bürger Artikel 12 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Massenüberwachung basiert nicht auf einer gegenwärtigen Bedrohung, sondern auf einer potenziellen zukünftigen Bedrohung. Diese kann man sich in unendlichen Arten und Weisen vorstellen, demnach kann mach sich auch auf unendliche Arten und Weisen auf die Bedrohung vorbereiten. Daraus folgt, dass eine Aufrüstung des Sicherheitsapparates nie stoppen wird.

Diese Vorbereitung ist irrational und schränkt die Freiheiten der Bevölkerung stark ein. Außerdem schürt dies Angst vor eben dieser Überwachung und/oder vor der potenziellen Bedrohung.

Des Weiteren muss Überwachung durch die eigene oder andere Nationen verhindert werden. Unter anderem, da die Überwachung durch Staaten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stark missachtet.

Es sollte Staaten nicht erlaubt sein, das Leben der Zivilbevölkerung ins Negative zu beeinflussen oder zu verändern. Zusätzlich sollte den Bürger/-innen die Möglichkeit eingeräumt werden, zu entscheiden, inwiefern Staaten deren Leben beeinflussen dürfen.

Die Bundesregierung soll sich national, wie auch auf europäischer Ebene und gegenüber unseren internationalen Partnern dafür einsetzen, dass Überwachung und Kontrolle (speziell jedoch nicht ausschließlich durch ADM-Systeme[1]) stark eingeschränkt wird.  Dies würde die Privatsphäre und die Interessen aller Menschen schützen. Eine maschinelle Überwachung kategorisiert und bewertet Menschen systematisch, dies ist für uns mit der Menschenwürde unvereinbar!

Darüber hinaus darf es keine Überwachung der Bevölkerung mit der Absicht der Einstufung für Verwaltungsprozesse geben. Da diese zwangsläufig zu Social Scoring Systemen führen werden, gegen welche wir uns vehement aussprechen. Social Scoring Systeme sind nicht objektiv, können diskriminierend agieren und demnach die Menschen nicht gleich vor dem Gesetz behandeln. Diese ungleiche Behandlung widerspricht dem Grundgesetz, Art.3 Abs. 1: “Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.”.

Außerdem muss im Kontext von ADM-Systemen und Massenüberwachung der Minderheitenschutz unbedingt geachtet werden. Dies ist ein besonderes Anliegen, für das man als Negativbeispiel die Unterdrückung der Uigur/-innen in China u.a. mit Hilfe von ADM-Systemen, heranziehen kann.

Kommerzielle Überwachung
Die Massenüberwachung der Bevölkerung geht nicht nur von Staaten aus, auch Unternehmen überwachen die Bevölkerung. Diese Überwachung wird meistens zur Gewinnmaximierung eben dieser genutzt. Diese Praktiken sind schlicht unmoralisch, da nicht vor extremen Mitteln wie Manipulation und Nudging zurückgeschreckt wird. Nudging ist eine Praktik, bei welcher das Unternehmen Entscheidungen zur Beeinflussung der Konsumenten/Konsumentinnen trifft. Aals Beispiel können hier die Autoplay-Funktionen der Streaming Anbieter Netflix und YouTube angeführt werden. Diese Autoplay-Funktionen werden dafür genutzt, dass die Nutzerin oder der Nutzer mehr Zeit auf der Plattform verbringt. Zusätzlich dazu nutzen Unternehmen sogenanntes “Microtargeting” um Benutzer/-innen mit Hilfe von extremen Mengen an Datensätzen, die über sie gesammelt wurden, gezielte personalisierte Werbung anzuzeigen. Diese riesigen Datenmengen werden unter anderem durch die Verwendung von Trackern gewonnen, welche das Surfverhalten der Userinnen und User überwachen. Zusätzlich werden die gesammelten Daten nicht nur zur Manipulation von Kaufentscheidungen genutzt, sondern können auch, wie man am Fall von Cambridge Analytica erfahren hat, genutzt werden, um die Wahlentscheidung der Wählerinnen und Wähler zu beeinflussen. Solche Beeinflussungen greifen den politischen Meinungsbildungsprozess extrem an und untergraben unsere parlamentarische Demokratie. Daher müssen wir die Möglichkeiten der Beeinflussung der Bürgerinnen und Bürger durch Unternehmen unbedingt beenden, um weiterhin das Privileg von freien und regulären Wahlen zu genießen. Wenn wir dies nicht tun, besteht die Gefahr, dass faschistische Parteien diese Möglichkeit der Manipulation ausnutzen und dadurch die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit abbauen. Deshalb fordern wir ein gesetzliches Verbot von Werbetrackern und eine gesetzliche Regelung zur Beendung der Überwachung aller Privatpersonen. Darüber hinaus fordern wir den Aufbau von Non-Profit-OpenSource-Plattformen zur Ersetzung der Internetriesen Facebook, Google und Twitter. Diese Plattformen sollen aus Geldern des Bereiches der öffentlich-rechtlichen Medien finanziert werden oder auf europäischer Ebene getragen werden. Ziel dieser Plattformen ist es, eine öffentliche, demokratische, unmanipulierbare und überwachungsfreie Oberfläche zum Austausch im Internet zu bieten.

Zusätzlich fordern wir Kurzfassungen von AGBs. Dies fordern wir, da AGBs juristische Verträge sind, welche für den Großteil der Nutzerinnen und Nutzer entweder zu lang oder zu unverständlich sind. Durch die AGBs stimmen Nutzer/-innen oft unbewusst der Überwachung zu. Daher fordern wir, dass es ein Gesetz gibt, welches vorschreibt, dass die wichtigsten Punkte der AGBs kurz und verständlich zusammenfasst werden, sodass jede/-r Bürger/-in genau weiß, welchen Bedingungen er/sie zustimmt. Zusätzlich muss es möglich sein, dass nur Teile der AGBs angenommen werden können. Somit soll Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geboten werden, darüber entscheiden zu können, was mit ihren Daten geschieht.

Ethik
Wir fordern, dass die Ethik ein grundsätzlicher Bestandteil bei der Entwicklung eines jeden ADM-Systems ist. Ethische Regeln in der Entwicklung sollen von Experten/Expertinnen auf dem Gebiet aufgestellt, unabhängig kontrolliert, entsprechend implementiert und eingehalten werden.

Jeder Mensch hat unterschiedliche moralische und ethische Vorstellungen. Es kann nicht absolut entschieden werden, welche ethischen Richtlinien / Regeln für ADM-Systeme gelten sollen. Deshalb wollen wir keine konkreten ethischen Regeln festlegen, sondern ergründen, in welcher Form ethische Grundsätze aufgestellt werden können und wie ein ADM-System so entwickelt und verwendet werden kann, dass es diesen Grundsätzen folgt.

  • Wer entscheidet in der Gesellschaft darüber, wie ethische Grundsätze für ADM-Systeme aufgestellt werden?
    Da ADM-Systeme in dem Leben jedes Menschen eine Rolle spielen, muss die Frage nach den ethischen Regeln für ADM-Systeme demokratisch entschieden werden. Jeder Mensch soll mitbestimmen können, nach welchen Grundsätzen dieseSysteme handeln, Entscheidungen treffen und entwickelt werden. Dabei muss sichergestellt werden, dass diejenigen, die an einer solchen Festlegung der ethischen Grundsätze beteiligt sind, über die entsprechende Expertise  zu dem Thema verfügen. Vorschläge für ein ethisches Regelwerk sollen daher von Expertenkommissionen ausgearbeitet werden, dann in einem Volksentscheid verabschiedet werden und letztlich in Gesetze umgesetzt werden. Bei einem solchen Volksentscheid muss jede Person, die an der Wahl beteiligt ist, im Vorhinein über ADM-Systeme und besonders über ihre Auswirkungen auf die betroffenen Lebensbereiche aufgeklärt werden.
  • Wie wird umgesetzt, dass ADM-Systeme nach den festgelegten ethischen Grundsätzen funktionieren und entwickelt werden?
    Ethische Überlegungen sollen in der Entwicklung von ADM-Systemen anstatt von technischen und wirtschaftlichen Fragen an vorderster Stelle stehen. In der Entwicklung soll zunächst bestimmt werden, ob der Zweck sowie die Funktionsweise eines ADM-Systems ethisch vertretbar sind. Insbesondere sollen Regeln aufgestellt werden, nach denen das ADM-System Entscheidungen trifft und es muss betrachtet werden, inwiefern die Vorgehensweise dabei ethisch vertretbar ist. Diese Grundsätze sollen festgehalten und von einer unabhängigen Instanz geprüft werden, die darüber entscheidet, ob das ADM-System eingesetzt werden darf. Entsprechend müssen die beschlossenen Regeln bei der Implementierung und Handhabung des ADM-Systems umgesetzt und eingehalten werden. Insbesondere soll eine solche Überprüfung und Freigabe nach Vorliegen der ersten Konzepte, vor allem aber nach der Implementierung und anschließend auch regelmäßig bei dem Einsatz des ADM-Systems stattfinden. ADM-Systeme, die kein Schädigungspotenzial aufweisen (vgl. https://datenethikkommission.de/wp-content/uploads/191023_DEK_Gutachten_Kurzfassung_dt_bf.pdf, S. 19), benötigen kein ethisches Regelwerk, müssen aber explizit von einer unabhängigen Instanz als solche eingestuft werden.

Damit ethische Regeln für ein ADM-System aufgestellt und umgesetzt werden können, muss sichergestellt werden, dass die Menschen, die an der Entwicklung eines solchen Systems beteiligt sind, über ethisch-philosophische Fachkompetenzen verfügen. Deshalb muss der Beruf des ADM-Entwicklers / der ADM-Entwicklerin ein geschützter Beruf sein. Insbesondere, wer die Entwicklung eines solchen Systems plant und leitet, aber auch wer auf niedrigerer Ebene beteiligt ist, muss eine Ausbildung im ethisch-philosophischen Bereich vorweisen und entsprechend zertifiziert sein.

Transparenz:
Wir fordern Gesetze zur Regelung der KI- und ADM-Systementwicklung und deren Einsatz, damit es nicht zu ungerechter Diskriminierung von Privatpersonen, Manipulation der Bevölkerung oder anderen ethisch unvertretbaren Auswirkungen kommt. Dabei ist die Transparenz der Organisationen, welche KIs und ADM-Systeme benutzen und einsetzen, von enormer Bedeutung.

Daher halten wir es für sinnvoll, eine staatlich geförderte, von Unternehmen unabhängige Instanz ins Leben zu rufen, welche diese Gesetze durchsetzt und die KI- und ADM-System-Betreiber/-innen – ob auf privater oder staatlicher Seite – kontrolliert und diese im Zweifelsfall zur Rechenschaft zieht oder den Einsatz der KIs oder ADM-Systeme verbietet.

Dafür ist es wichtig, dass Firmen und der Staat den Einsatz und die Funktionsweise ihrer ADM-Systeme und KIs offenlegen sowie angeben, wie und wann Personendaten gesammelt und verarbeitet werden. Dadurch wird Transparenz geschaffen, sodass die Bevölkerung sich bewusst ist, was mit ihren Daten passiert, um im Zweifelsfall dagegen vorgehen zu können.

Zum anderen ist es für die Gesetzgebung wichtig, Klarheit bei Staat und Bevölkerung durch Bildung und Aufklärung zu dem Thema zu schaffen, um eine konstruktive Meinung und einen konstruktiven Umgang mit dieser Technologie zu fördern und zu ermöglichen. Die Forschung sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden und nur unter dem Gesichtspunkt der ethischen Vertretbarkeit weiter betrieben werden.

[1] ADM ist die Abkürzung für Algorithmic Decision Making, also Verfahren für algorithmische Entscheidungsfindungen

 

Workshop “Open Data & Machine-Learning”

Bild: Paula Föhr / ©IJAB e.V.

Die Grundlage maschinellen Lernens sind Daten. Dieser Rohstoff ist wertvoller denn je und steht damit meist nur kapitalstarken Unternehmen oder staatlichen Behörden zur Verfügung. Das kann zu Problemen wie unbewusster Diskriminierung von Menschen führen, ausgelöst durch fehlende oder falsche Daten oder Dateneigenschaften, Missbrauch der Monopolstellung durch Dateninhaber/-innen oder Missbrauch der Deutungshoheit von einzelnen Gruppen mit Partikularinteressen. Dies kann auch zur Verhinderung innovativer Anwendungen durch kapitalschwache oder zugangsverhinderte Akteure/Akteurinnen führen.

Wir fordern deshalb, dass nicht-personenbezogene Daten, die in öffentlichen Institutionen anfallen, maschinenlesebar veröffentlicht und aktuell gehalten werden. Da Machine-Learning-Verfahren sehr gut mit unstrukturierten Daten arbeiten können, ist es nicht zwingend notwendig, die Daten in langwierigen Verfahren zu standardisieren. Die Daten müssen klassifiziert sein und in maschinenlesbarer Form nach existierenden Standards bereitgestellt werden. Ferner gilt es, keine deutsche Insellösung anzustreben, sondern sich an technischen und rechtlichen Standards zu orientieren, die sich international bereits bewährt haben und auch in Großteilen der Welt verstanden und benutzt werden können. Dies betrifft auch die Lizenzierung der Daten.

Wir fordern, dass im Umgang mit Open Data zwischen gewollter- und ungewollter Diskriminierung differenziert wird. Durch diese Differenzierung schaffen wir eine barrierefreie und faire Plattform, um Open Data für jede/-n, der/die sie zur Umsetzung seines unmittelbaren Vorhabens in Bezug auf künstliche Intelligenz bekommen soll und braucht, abrufbar zu machen. Die Nutzung der Daten soll unabhängig von Zweck oder kommerzieller Ausrichtung möglich sein. Für Datensätze, die nicht als Open Data gelten, da sie einen Personenbezug aufweisen oder aber durch den Verschnitt mehrerer Daten diesen aufweisen können, braucht es andere Mechanismen diskriminierungsfreien Zugangs. Hier ist ein registrierter und selektiver Zugang nötig, um die Daten so datensparsam wir nur möglich zur Verfügung zu stellen. Offene Daten sollen vorab auf Bias geprüft und klassifiziert werden, um ein Fortschreiben der Diskriminierung zu verhindern und mit den Ergebnissen der Machine-Learning-Anwendungen entsprechend vorsichtig umzugehen.

Ferner soll über nichtgewollte Diskriminierung aufgeklärt werden, um sie zu bekämpfen. Für die weitere Entwicklung ethischer, rechtlicher und technischer Standards sollten Gremien geschaffen werden, die aus Teilen der öffentlichen Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Experten/Expertinnen der einzelnen Fachbereiche bestehen. Dies soll sicherstellen, dass die verschiedenen und manchmal gegensätzlichen Interessen im Ausgleich stehen und damit die künstliche Intelligenz basierend auf offenen Daten, gesellschaftlich getragen und weiterentwickelt werden kann. Neue Entwicklungen sollen nach Kriterien der Fairness bewertet werden.

Zusätzlich soll es möglich sein, Community-Open Data zentral zu sammeln, eigene Daten hinzuzufügen und anderen Menschen zur Verfügung zu stellen, um auf diese Weise große Datenpools zu generieren, von denen viele profitieren.

 

Workshop “KI, unsere Daten & Du [Big Data]”

Bild: Paula Föhr / ©IJAB e.V.

KI-Systeme sind heute schon fester Bestandteil unseres Alltags: Sei es bei Diensten im Netz, „smarten“ Geräten, unseren Smartphones. Dabei verarbeiten und erzeugen sie eine unüberschaubare Menge an Daten.

Aber diese Daten sind nicht einfach Nullen und Einsen. Hinter diesen Daten stehen wir, die Nutzerinnen und Nutzer, Bürgerinnen und Bürger. Sie sollten deshalb nicht nur als Möglichkeit zur Profitsteigerung oder Kontrolle, sondern auch als Gemeingut anerkannt werden. Weil die umfassende Analyse unserer Daten teilweise weitreichende Folgen für das Leben vieler Menschen hat, stellen wir folgende Forderungen an die politischen Entscheidungsträger:

 

 

  • Offenlegung und Transparenz
    Wir fordern, dass die Nutzung unserer Daten von staatlichen Behörden und Unternehmen offengelegt wird. Dies fordern wir, weil aktuell ein großer Transparenzmangel zur Erhebung und Verwendung von Daten herrscht. Die derzeitige Informationspflicht ist nicht konform mit der neusten Technologie. Darunter fällt auch, dass es keine ausreichende Informationspflicht zur Nutzung und Weitergabe der Daten, also zum Datentraffic, gibt. Hinzu kommt, dass die wenigsten Bürger/-innen wissen, wo, wie und warum ihre Daten genutzt werden.Es muss deshalb mithilfe gesetzlicher Regelungen mehr Transparenz geschaffen werden. Das betrifft unter anderem die Datennutzung durch staatliche Institutionen, zum Beispiel Behörden. Bürger/-innen müssen die Möglichkeit erhalten, sich über die Weitergabe und Verwendung ihrer persönlichen Daten zu informieren und Auskunft zu erhalten.

 

  • Rechtmäßigkeit und Fairness
    Systeme, die automatisierte Entscheidungen auf Grundlage von persönlichen Daten treffen, müssen mit besonderer Sorgfalt geplant, entwickelt und betrieben werden. Dies umfasst insbesondere die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung, die Herkunft und Qualität der verwendeten Daten sowie die Analyse der Risiken von vorurteilsbehafteten Daten. Für die Nutzung durch staatliche Institutionen müssen das Ziel und der Zweck offengelegt werden, damit eine öffentliche Diskussion über solche Systeme möglich ist.Damit Schutz vor Benachteiligung und das Recht auf Information gewahrt werden, fordern wir, dass Offenheit über die Scoring-Systeme (z. B. SCHUFA), deren Punktevergabe sowie über deren Datensätze und Quellen herrscht. Die Datensätze solcher Systeme sollen so gewählt werden, dass sie repräsentativ die Bevölkerung widerspiegeln und keine Gruppen bevorzugen bzw. benachteiligen.Außerdem sollte der rechtliche Rahmen zur Gestaltung und Verwendung von KI und der dafür genutzten Daten regelmäßig geprüft werden, um gesellschaftsschädlichen Entwicklungen entschlossen und zügig entgegenzuwirken. Besonders dringliche Problemfelder sind aktuell: Deepfakes, die große Schäden im privaten und öffentlichen Raum verursachen können bzw. diese bereits verursacht haben. Genau, wie Filterblasen und gezielte Personalisierung von (Web-)Inhalten. Ein bekanntes Beispiel hierfür wären die Wahlen in den USA, die durch personalisierte Werbung manipuliert wurden.

 

  • Aufklärung und Teilhabe
    Bezüglich künstlicher Intelligenzen und Datenverarbeitung, welche den Großteil der Gesellschaft betreffen, herrscht große Unwissenheit und Unsicherheit. Deshalb fordern wir von den politischen Entscheidungsträgern/-trägerinnen, dass mehr Möglichkeiten der Aufklärung und somit eine breite Wissensgrundlage diesbezüglich geschaffen wird. Zunächst muss eine Bedarfsermittlung erfolgen, wobei verschiedene Fragen auftreten, die intensiv beleuchtet werden sollten. Wie kann Aufklärung an Schulen erfolgen, damit schon junge Menschen eine notwendige Wissensgrundlage erhalten? Wie können unterschiedliche Berufs-/Bevölkerungsgruppen über Risiken von KI und der damit verbundenen Datenverarbeitung informiert werden? Wie können Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, die nicht mit KI aufgewachsen, aber von diesen Systemen betroffen sind, über Folgen aufgeklärt und besser in die bestehende Debatte integriert werden?Wir fordern mehr Fördermittel für Projekte, die sich für gesellschaftliche Aufklärung, Weiterbildung und Mitgestaltung einsetzen. Dazu zählt die Arbeit an den Schulen, wobei der Lehrplan um Themen wie künstliche Intelligenz und Datenverarbeitung erweitert werden sollte. Zudem sollte vermehrt Informatikunterricht an Schulen angeboten werden. Auch die außerschulische Informations- und Aufklärungsarbeit in sozialen Medien halten wir für wichtig, da junge Menschen dort besonders aktiv sind. Dies könnten z. B. digitale Umfragen sein oder eine enge Zusammenarbeit zu diesen Themen mit Influencern und Influencerinnen über verschiedene Plattformen.Neben Maßnahmen, die jüngere Zielgruppen erreichen sollen, muss auch die Aufklärung anderer Bevölkerungsgruppen ausgebaut werden: Das betrifft Arbeitnehmer/-innen wie auch Arbeitgeber/-innen, z. B. durch fachspezifische Weiterbildungen, Seminare für Führungskräfte oder offen zugängliche Veranstaltungen für verschiedene Zielgruppen (wie Senioren/Seniorinnen), die gefördert werden können.Nicht zuletzt müssen politische Entscheidungsträger/-innen sich intensiver als bisher mit den Chancen und Risiken von KI-Systemen und umfangreicher Datenverarbeitung auseinandersetzen. Etwa, indem sie Experten/Expertinnen aus der Wissenschaft und Vertreter/-innen der Zivilgesellschaft zurate ziehen und sich selbst zu diesen Themen weiterbilden.

 

Workshop “Was bedeutet der Hype um künstliche Intelligenz für Schulen? – Bildung unter den Bedingungen der Digitalität.

Bild: Paula Föhr / ©IJAB e.V.

1. Forderung:
Wir fordern zuallererst, dass jede Maßnahme vor Ausführung unter den folgenden drei Aspekten geprüft wird:
I. Datenschutz und Datensicherheit
II. Chancengleichheit und internationale Wettbewerbsfähigkeit
III.          Technische und didaktische Nachhaltigkeit

2. Forderung:
Wir fordern, dass Schüler/-innen in Deutschland früher und intensiver über die Chancen und Gefahren aktueller technologischer Entwicklungen anschaulich aufgeklärt werden und dass sie so gut wie möglich auf unsere Zukunft vorbereitet den Lernort Schule verlassen.

3. Forderung:
Wir fordern, dass der Einsatz von KIs an Schulen intensiv geprüft wird.

4. Forderung:
Wir fordern, zur besseren Umsetzung einer Digitalstrategie sowie zur Schaffung einer Grundstruktur für den Einsatz von KI in Schulen eine für schulische Bedürfnisse optimierte Infrastruktur zu errichten.

 

Erläuterungen

1. Forderung
Viele möchten mehr Digitalisierung in Schulen und das möglichst schnell. Uns sind dabei das Was und das Wie sehr wichtig.

Jeder Mensch hat das Recht auf Privatsphäre und daraus resultierend auch ein Recht auf den Schutz seiner persönlichen Daten, die durch den Einsatz moderner Technologien gehäuft anfallen. Privacy by design und ein hoher Sicherheitsstandard sind für uns die Grundvoraussetzungen für alle weiteren Überlegungen.

Wir sehen die anstehenden Digitalisierungsprozesse als eine Chance, soziale Ungleichheit an Schulen auch über die Bundesländergrenzen hinweg zu verringern, indem allen – auch durch finanzielle Ausgleiche – eine gleiche Teilhabe ermöglicht wird. Diese soziale Chancengleichheit stellt mittelfristig das Fundament für unsere demokratische Gesellschaft dar. Auf Basis dieser Chancengleichheit möchten wir auch eine internationale Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen, die für uns junge Menschen als EU-Bürger/-innen bzw. als Weltbürger/-innen ebenso sehr wichtig ist.

Die Digitalisierung an Schulen soll auch unter dem Aspekt technischer Nachhaltigkeit erfolgen, d.h. dass ressourcenschonend und vorausschauend geplant ausgebaut wird. Gleichermaßen lehnen wir das heute noch z.T. nötige “Bulimie-Lernen” strikt ab und möchten im Sinne einer Nachhaltigkeit des Lernens die individuelle Förderung der jungen Menschen durch KI ermöglichen.

2. Forderung
Aktuell sind weder die vermittelten Inhalte noch die Art, wie diese unterrichtet werden, zeitgemäß. Mehr Projektarbeit, mehr fächerübergreifender Unterricht und an die aktuellen Lebenswelten der jungen Menschen angepasste Lehrpläne sind nötig.

Viele Lehrkräfte kennen die aktuellen Entwicklungen außerhalb von Schule nicht, noch sind sie mit der durch den Digitalpakt kommenden Technik und Methodik vertraut. Sie können so ihrem Bildungsauftrag nicht gerecht werden. Damit sie dieses fehlende Wissen erreichen, reicht eine Fortbildung nicht aus. Dies geht nur, wenn sich die Lehrkräfte intensiv mit dem Thema beschäftigen können und neben theoretischem Wissen auch die Praxis beherrschen. Dazu braucht es ein individuelles, lebenslanges Lernen, wofür die nötigen Strukturen heute fehlen. Das kann so umgesetzt werden, dass angehende Lehrende die hierfür nötigen Wissensgrundlagen in ihrem Studium erlangen und bestehende Lehrkräfte ihr Wissen bspw. immer in zwei Wochen je Schuljahr, gerne KI-gestützt, erweitern. In dieser Zeit gehen Schüler/-innen wiederum eigenen Bildungsprojekten nach – hierfür sind Kooperationen mit außerschulischen Lernorten sinnvoll.

Auch die Ausstattung von Schulen – personell, räumlich, technisch – muss zeitgemäß sein. Dazu braucht es ein speziell auf Schulen angepasstes Gesamtkonzept, welches der aktuelle Digitalpakt nicht mitliefert bzw. auch die einzelnen Bundesländer ihren Schulen nicht anbieten.

3. Forderung
Wie in den Ausführungen zu den beiden ersten Forderungen dargestellt soll der datenschutzkonforme, transparente und möglichst biasfreie Einsatz von KI geprüft werden.

Denn Lehrer/-innen können heute ihre Schüler/-innen nicht alle genügend individuell betreuen und fördern, da jede/-r sein/ihr eigenes Lerntempo hat. Sie gehen zwangsläufig Kompromisse ein bei Tempo und Intensität, wie einzelne Themen im Unterricht behandelt werden. Der Einsatz von KI bietet hier eine große Chance für alle Schüler/-innen mit individuellen erstellten Lernplänen. Ein Beispiel ist hier die “School for One” (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/digitale-kindheit-school-of-one-technik-im-klassenzimmer/12249046.html) , die eine KI für die Auswahl und Auswertung der Hausaufgaben der Schüler/-innen einsetzt. Durch diese individuelle Förderung der Schüler/-innen spielt das soziale Umfeld der Schüler/-innen keine so große Rolle mehr wie heute, was zu mehr Bildungsgerechtigkeit führt.

Auch die Lehrenden können vom Einsatz von KI profitieren, bspw. bei einer Individualisierung ihrer Fortbildungen. Stärken und Schwächen der Lehrer/-innen werden analysiert und individuelle Förderempfehlungen – ähnlich wie bei den Schüler/-innen – erstellt.

Wenn hierbei beachtet wird, dass keine “Bestrafungskultur”, sondern eine positive Fehlerkultur die Leitidee ist, sind wir der Überzeugung, dass KI im Schulalltag eine große Hilfe sein wird.

4. Forderung
Die aktuelle PC-Infrastruktur an Schulen ist meist dezentral mit vielen Einzel-PCs in Computerräumen realisiert. Dies ist mit hohen Instandhaltungs- und Wartungskosten verbunden. Eine besser auf die schulischen Finanz- und Personalstruktur angepasste Infrastruktur besteht aus Remotedesktopverbindungen, die über einen übergeordneten Server gesteuert werden. Als RDP-Client lassen sich Kleinstcomputer wie der Raspberry Pi einsetzen. Sämtliche Rechenleistung und Datenspeicherung bzw. -verarbeitung läuft über virtuelle Maschinen auf einem zentralen und leistungsstarken Server.

Ein einfaches Rechenbeispiel bei 125 Arbeitsplätzen in einem dreistöckigen Gebäude verdeutlicht dies, denn die reinen Materialkosten reduzieren sich von ca. 50.000€ auf ca. 20.000€. Diese Einsparung ergibt sich daraus, dass ein Kleinstcomputer (inkl. Tastatur, Bildschirm usw.) in der Größenordnung von 100€ kostet, während ein üblicher PC eher das Dreifache kostet. Diese Ersparnis fällt bei jedem Gerätezyklus an. Angenommen, dass diese Schule beispielhaft für alle ca. 30.000 Schulen in Deutschland steht, bringt das eine Ersparnis von ca. 1 Mrd. € je Gerätezyklus. Die Reduzierung von Einzelplatz-PCs bedeutet nicht nur eine drastische Einsparung von finanziellen Mitteln, sondern auch von Ressourcen, da weniger Materialabfall entsteht.  Ein weiterer Vorteil dieses Systems ist die einfache Wartung wie bspw. Updates, die innerhalb kürzester Zeit simultan auf sämtliche Arbeitsplätze angewandt werden können.

Es gibt im Grunde zwei verschiedene Möglichkeiten, ein solches System umzusetzen. Zum einen existiert die Möglichkeit der Auslagerung der Rechen- und Datenkapazität in die Cloud (siehe Schulcloud), während in Gegenden, in denen der versprochene Breitbandausbau noch nicht bzw. nur teilweise umgesetzt wurde, das System mit einem lokalen Server umgesetzt werden kann. Dass im zweiten Fall die Verbindung in das weltweite Netz problematisch bleibt, ist hinzunehmen, aber steht unserer Lösung nicht im Weg. Eine spätere Umstellung auf eine Cloudlösung ist immer möglich.

Im ersten Fall werden nur sensible Daten lokal gespeichert. Alle weiteren Dienste werden von einem kleineren Server vor Ort über Breitband in bzw. aus der Cloud geladen.

Im Falle einer nicht gegebenen Breitbandanbindung ist die Rechenleistung auf einem lokalen System zur Verfügung zu stellen und die Datenspeicherung über ein lokales NAS mit angemessener Kapazität zu verwalten.

 

Workshop “Zukunftsnarrative: wie wollen wir mit digitalen Technologien leben?”

Bild: Paula Föhr / ©IJAB e.V.

Wir stellen uns eine Zukunft vor, die den technologischen Veränderungen gerecht wird und die mit einem gesellschaftlichen Wandel verbundenen Chancen nutzt.  Hierfür ist ein Umdenken auf mehreren Ebenen unerlässlich:

1. Digitale Teilhabe
Durch den rasanten digitalen Wandel werden Personengruppen wie beispielsweise Senioren und Seniorinnen schnell abgehängt und aus dem digitalen Leben ausgegrenzt. Diese Menschen bleiben dem Internet fern und sind sich des Potenzials nicht bewusst, da sie eingeschüchtert sind. Wichtig ist deshalb, Berührungspunkte zu schaffen und diesen Menschen die Angst zu nehmen. Unser Ziel ist es, in diesem Bereich ausgegrenzte Personen in die digitale Welt einzugliedern und eine Teilhabe (im Sinne des Allgemeinen Gleichberechtigungsgesetzes) zu ermöglichen.

Dafür müssen konkrete, lokale Maßnahmen ergriffen werden. Wir fordern daher staatlich geförderte Workshops mit folgenden Kerninhalten:

  • Grundlegende Einführung im Umgang mit Smartphone und Computer (Gerätekunde)
  • mögliche Nutzung: Umgang mit Suchmaschinen, Kommunikations- und Unterhaltungsmöglichkeiten (Internetkunde)
  • Aufklärung über Gefahren im Internet: Betrugsversuche und Viren (Gefahrenprävention).

2. Bildung und lebenslanges Lernen
Wir leben zurzeit in einer Gesellschaft, in der sich viele Menschen primär über ihren Beruf definieren, und diesen auch ihr Leben lang ausüben. Durch den drohenden Verlust von Arbeitsplätzen als Folge von Automatisierungstechnik und einer sich zunehmend schneller entwickelnden Arbeitswelt, ist dieses Gesellschaftsbild nicht länger haltbar. Stattdessen sollte ein Umfeld geschaffen werden, das auch in fortgeschrittenem Alter eine berufliche Neuorientierung ermöglicht.

Wir fordern deshalb ein staatlich gefördertes Bildungsprogramm zur Umschulung, Weiterqualifikation oder Neuorientierung, das alle Bürger/-innen für insgesamt 4 Jahre im Laufe ihres Lebens in Anspruch nehmen können. Dies sollte für jede Person, unabhängig von Alter, Einkommen, Wohnort, vorheriger beruflicher und schulischer Erfahrung verfügbar sein, und je nach Präferenz am Stück oder über das Leben verteilt genutzt werden können. Damit sich jede/-r, unabhängig von der eigenen finanziellen Lage, vollzeitlich darauf konzentrieren kann, ist eine staatliche finanzielle Förderung während dieses Zeitraums notwendig.

Die Höhe wird anhand verschiedener Parameter bestimmt. Alle Lehrmaterialen stehen frei und jederzeit zugänglich online zur Verfügung.

Um sich der wandelnden Arbeitswelt anzupassen, sind grundlegende Änderungen im Bildungssystem nötig. So plädieren wir für eine grundlegende Kompetenzbildung sowie Wertevermittlung in der Grundschule, welche ausdrücklich Digitalkompetenzen beinhaltet.

3. Der Wandel des sozialen Sektors im Zuge der Automatisierung
Abgabenreform zur Wertsteigerung der sozialen Berufsgruppen im Rahmen von Automatisierungsprozessen.

Aufgrund der steigenden Ungleichheit bei Sozialabgaben von Unternehmen fordern wir eine generelle Reform der Lohnnebenkosten.

Da durch Automatisierung und Substitution von Arbeitsplätzen Lohnnebenkosten eingespart werden, benötigen wir eine gerechte und verbindliche Einbindung aller Unternehmen, unabhängig von ihren menschlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.

Die zu erwartenden Mehreinnahmen müssen zweckgebunden zur Wertsteigerung des sozialen Sektors genutzt werden. Die dazugehörigen Berufe werden derzeit mangelhaft bezahlt, unterstützt und wertgeschätzt. Außerdem lassen sich diese im Zuge der Automatisierung nicht ersetzen. Durch höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen werden diese attraktiver.

 

Digitale Agenda zum Download (PDF; 764 KB)