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WebDays 2018: Digitale Agenda jetzt online

Bei der IJAB-Jugendkonferenz “WebDays 2018” diskutierten vom 23. bis 25. November 2018 in Mannheim junge Menschen unter der Schirmherrschaft von Verbraucherschutzministerin Katarina Barley über Datenschutz und digitale Selbstbestimmung und verfassten die nachfolgende Agenda.

 

Workshop „Open Data – Datenstadt“

Wir fordern, dass ein rechtlicher Rahmen für die Förderung und Umsetzung von Open Data geschaffen wird.

Alle „nicht persönlichen“ Daten sollten für die Öffentlichkeit jederzeit zugänglich und abrufbar sein (vgl. Informationsfreiheitsgesetz). Grundsätzlich sind alle von staatlichen Stellen generierten Daten gemeinfrei zu veröffentlichen, darunter fallen nicht persönliche und private Daten, welche schützenswert sind. Nichtveröffentlichung von Daten muss begründet werden.

Die Daten müssen für alle Menschen barrierefrei zugänglich sein. Zusätzlich sollen die Daten software- und hardwareunabhängig nutzbar sein. Der Fokus liegt auf der Verwendung von Open Source Programmen, um die technische Abhängigkeit von Dritten zu reduzieren.

Um die Daten frei verfügbar zu machen, soll ein zentrales Webportal eröffnet und betrieben werden. Die Einspeisung der Daten erfolgt durch Bund, Länder und Kommunen. Datensätze müssen klar strukturiert, kategorisiert und standardisiert sein. Anfragen können entweder an das Webportal oder die zuständige Stelle gestellt werden.

Eine unabhängige, für Open Data verantwortliche Instanz ist nötig, um die Vollständigkeit und Nutzbarkeit der Daten sicher zu stellen. Diese hat dafür Sorge zu tragen, dass keine Daten vorenthalten werden. Beschwerde kann an sie gerichtet werden.

 

Workshop „Big Data“

 

1. Datenschutz/ Datenschutzerklärung

Durch Artikel 12 der EU-Datenschutzgrundverordnung, welche im Mai 2018 in Kraft trat, wurden Unternehmen dazu verpflichtet, in ihrer Datenschutzerklärung Informationen zu den gesammelten Daten und deren Verwendung in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu veröffentlichen.

Wir unterstützen diesen Schritt, weil dadurch die Benutzer/-innen über ihre verarbeiteten Daten informiert werden. Leider ist diese Reform für Konsumenten/-innen nur beschränkt relevant, da das Bewusstsein für die Veröffentlichung der verwendeten Daten in der Bevölkerung noch nicht geschaffen wurde. Selbst einem technikaffinen Publikum sind die Möglichkeiten bezüglich Transparenz zu gesammelten und verarbeiteten Daten, die die Datenschutzerklärung einer jeden Website bietet, selten bewusst.

 

2. Forderung

2.1 Deshalb fordern wir eine umfassende Informationskampagne zu den Möglichkeiten, die Bürger/-innen in Bezug auf ihre verarbeiteten Daten haben. Die Ausarbeitung dieser sollte an einem größtmöglichen Effekt und einer großen Reichweite ausgerichtet sein. In diesem Kontext soll auf die Existenz der Datenschutzerklärung und deren Inhalt hingewiesen werden. Dadurch erhoffen wir uns, dass Internetnutzer/-innen sich über die gespeicherten Daten bewusst werden und auf dieser Grundlage informierte Entscheidungen treffen können.

2.2 „Dark Ads“ sind auf bestimmte Personen maßgeschneiderte Anzeigen und Artikel mit Inhalten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu deren Persönlichkeit passen und nur für diese Personen sichtbar sind. Das Auswahlverfahren zur personalisierten Darstellung basiert auf hochkomplexen autonomen Berechnungen, die von riesigen gesammelten Datenmassen gespeist werden. Sie bilden eine Bedrohung für unsere eigenständige Meinungsbildung und beeinflussen uns ohne unser Wissen.

Wir fordern, dass ein generelles Bewusstsein für die Gefahr, die von „Dark Ads“ ausgeht, geschaffen wird. Dies könnte zum Beispiel in Form von Workshops an Schulen geschehen, in denen Jugendliche zu dem Thema sensibilisiert werden. Es sollte erwogen werden, ob das Thema in Zukunft Einzug in den Lehrplan findet.

Des Weiteren sollte im Rahmen des Möglichen über die Massenmedien darauf aufmerksam gemacht werden, um einen maximalen Teil der Bevölkerung zu erreichen. Denn: Nur wer über „Dark Ads“ Bescheid weiß, ist in der Lage, diese auch als solche zu identifizieren und kritisch zu hinterfragen.

2.3 Unternehmen sollten verpflichtet werden, den Benutzer/-innen eine Kopie zu liefern von den Daten, welche sie bezogen auf den Kunden abgespeichert haben.

Viele Nutzer/-innen lesen sich die AGB nicht in allen Details durch. Dadurch ist vielen nicht bewusst, wie viele Daten durch z.B. einen einzigen Einkauf vom Unternehmen abgespeichert werden.

Durch eine Einsicht in die Aufzeichnungen würden viele Menschen vor Augen geführt bekommen, was für ein detailliertes Bild von ihnen gezeichnet wird. Mit diesem Wissen würden einige Dienste mit Sicherheit bewusster genutzt werden.

Der Paragraph 34 besagt, dass ein Mensch, so lange es im Verhältnis zum Aufwand steht, ein Recht auf Auskunft hat, welche seiner Daten abgespeichert werden.

Deswegen fordern wir, dass die Unternehmen ihren Datensatz über ihre Nutzer/-innen zu jeder Zeit in einer verständlichen, am besten visuellen, Form anbieten müssen. Diese Darstellung orientiert sich an Diensten wie Google Analytics oder dem Datenselfie.

Die Bereitstellung hat dadurch zu erfolgen, dass der Datensatz in einem vorgegebenen Format direkt auf der Webseite des Anbieters zur Verfügung gestellt wird, bspw. mit der internen Analyse-Software, die intuitiv bedienbar sein muss. 

 

Workshop „Digitale Ethik “

 

1. Fake News:

Es existieren eine Reihe von Internetseiten, die offensichtlich journalistische Qualitätskriterien verletzen und unrichtige Nachrichten mit dem Ziel verbreiten, Menschen falsch zu informieren – nicht selten mit dem Ziel, gesellschaftliche Spaltungen voranzutreiben und Gewalt gegen marginalisierbare Menschen zu legitimieren.

  • Gezielte Falschinformationen sind Fakt

– Spaltung der Gesellschaft entgegen wirken.

  • Wie kann man die Seriosität von Informationsquellen beurteilen?

– mimikama.at – Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch

  • Wie kann das Vertrauen der Bürger/-innen in journalistische Beiträge in nicht nur qualitative, sondern auch korrekte Berichterstattung durch Einforderung gesetzlicher Randbedingungen wiederhergestellt werden?

– Rundfunkrat und deutscher Journalistenverband müssen prüfen
– Schutz vor Propaganda und Hass-Strategien

 

2. Digitale Selbstbestimmung:

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind zur Wahrung rechtlicher Verbindlichkeit so komplex, dass auch gebildete und interessierte Laien sie nicht mehr begreifen können. Das ist widersprüchlich und kontraproduktiv.

  • AGBs müssen so darstellbar sein, dass auch Laien effizient entscheiden können, welche negativen Konsequenzen aus der Nutzung eines Dienstes entstehen
  • – One-Pager mit Aussagekraft müssen für Verbraucher/-innen ausreichend Information bieten, eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen

  • Standards schaffen, die gute Praxis abbilden und die Daten von Verbraucher(inne)n standardmäßig schützen.
  • – Maximaler Schutz soll Grundeinstellung sein, Abweichungen zu Ungunsten von Verbraucher(inne)n müssen deutlich gemacht werden

  • Barrierefreiheit maximieren
  • – Vorlesefunktion u.a. notwendig

3. Fairness im Internet:

 2/3 aller junger Menschen zwischen 14 und 24 rechnen damit, im Internet angegriffen zu werden und 1/3 verzichten deswegen ganz auf Beiträge (DIVSI U25, November 2018)

  • Es muss stärkere staatliche Verantwortung übernommen werden, Hass-Rede, Mobbing und Falschinformation zu bekämpfen. Der Verweis auf das Netz DG und Übertragung der nötigen Maßnahmen auf die Anbieter wird der staatlichen Verantwortung nicht gerecht.

– mehr Qualifizierung und Installation effektiver Alarmsysteme und kompetenter und zuverlässiger Eingreifmöglichkeiten
– mehr Unterstützung durch Einsatz und Förderung von Expert(inn)en aller Ausbildungsniveaus (Medienscouts u. ä.) zur Eindämmung von Mobbing und Fake-News

  • Sperrungen und Löschungen dürfen sich nicht auf nicht-staatliche Stellen verlassen, sondern müssen nach transparenten, zuverlässigen Kriterien und zeitnah erfolgen – und auch zeitnah verifiziert und ggf. widerrufen werden können.

– Effektive, transparente und rechtsstaatlich zuverlässige Meldeverfahren und mehr Fachpersonal

Digitale Agenda zum Download (PDF, 343 KB):